An einem sonnigen Nachmittag im August reisen wir zur Nordkinn-Halbinsel, dem nördlichsten Punkt Norwegens, um Ellinor Guttorm Utsi und ihre Rentierzüchterfamilie zu treffen.
Unser Ziel ist ihr Sommercamp, Davvi Siida, nur wenige Minuten vom Hafen in Kjøllefjord entfernt. Diese Reise dient genauso dem Verständnis des Sámi-Volkes wie dem Überwinden geografischer Entfernungen.
Als wir uns nähern, fällt uns nicht zuerst das traditionelle Sámi-Lavvu oder die mit Gras bedeckten Gebäude auf, sondern ein kleines Rentierkalb, das spielerisch an Ellinors farbenfrohem Rock schnuppert.
Das Kalb, namens Č, mit einem gebrochen hängenden Geweih, zieht sofort die Empathie und Neugier unserer Gruppe auf sich.
Moderne Hilfsmittel
Ellinor erklärt, wie moderne Hilfsmittel wie Schneemobile die mühsame Arbeit der Rentierhaltung erleichtert haben, während der Respekt für traditionelle Praktiken bleibt, wie zum Beispiel die Erlaubnis der Natur einzuholen, bevor ein Lager aufgeschlagen wird.
Während sie ihre Einsichten teilt, führt Ellinor uns auch in die überlebenswichtigen Techniken der Sámi ein. Sie zeigt uns Schuhe, die mit Weidenrinde behandelt wurden, um sie wasserdicht zu machen, und spricht über ihre einzigartigen Ernährungsgewohnheiten, wie das Weichen von getrocknetem Rentierfleisch in Kaffee, das nicht nur den Geschmack verbessert, sondern auch eine tiefe Verbindung zur Natur veranschaulicht.
Ellinors Erzählung geht über bloßes Überleben hinaus und umfasst eine Philosophie, die Respekt für die Natur mit alltäglichen Praktiken verwebt. Ihre Geschichten über die Rentiermarkierungen, die jede Familie individuell besitzt und zur Identifikation ihrer Tiere verwendet, unterstreichen ein System der Fürsorge, das die Sámi über Generationen hinweg erhalten hat.
Das Erbe durch harte Zeiten bewahren
Sie lädt uns ein, die Materialien der Sámi-Kunstwerke zu fühlen – die weichen Leder, die kunstvoll gestalteten Kleidungsstücke und sogar die Runebomme, eine traditionelle Trommel, die von Schamanen zur Kommunikation mit der Natur verwendet wird. Diese Gegenstände sind nicht bloß Artefakte, sondern lebendige Elemente einer Kultur, die ihre Umwelt respektiert und pflegt.
Durch Ellinors Geschichten erfahren wir von den harten Maßnahmen, die einst gegen die Sámi verhängt wurden, wie das Verbrennen ihrer heiligen Trommeln und die Unterdrückung ihrer Sprache und Bräuche. Trotz dieser Widrigkeiten haben die Sámi ihr Erbe bewahrt und blühen nun auf, indem sie ihre Kultur durch Veranstaltungen wie den Sámi-Nationalfeiertag feiern und sicherstellen, dass ihre Sprache und Traditionen an die jüngeren Generationen weitergegeben werden.
Unser Besuch bei den Sámi ist nicht nur eine lehrreiche Erfahrung, sondern auch eine tiefgreifende Interaktion mit einer Kultur, die Resilienz und einen tiefen Respekt vor der Natur verkörpert.
Als wir uns verabschieden, bleibt der Geist der Sámi-Philosophie – dieser tiefgreifende Respekt vor der natürlichen Welt und ihren Gaben – bei uns, ein bleibender Eindruck unserer Reise an die Spitze Norwegens.
Diese Begegnung erinnert uns daran, dass die Sámi sich den Herausforderungen des modernen Lebens angepasst haben, während ihre kulturelle Essenz, die tief in Respekt vor und Harmonie mit der Natur verwurzelt ist, weiterhin gedeiht.
Es ist eine eindringliche Lektion über die Bedeutung der kulturellen Erhaltung und die nachhaltige Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen.
Zusätzlicher Ausflug von Kjøllefjord: Schneemobilfahren unter dem Polarhimmel (Winter/frühling).